Es ist allerhöchste Eisenbahn

Die einen empören sich über die gestern bekannt gegebenen Kostensteigerungen bei Stuttgart21 von gut einem Drittel des bisherigen Preises, die anderen zucken gleichgültig mit den Schultern und sagen, das sei doch normal bei solchen Großprojekten.

Es gibt aber noch die dritte Gruppe, die Gegner des Projekts. Diese könnten sich freuen und sagen, sie hätten es ja schon immer gesagt, dass die Finanzierung nicht standhalte. Doch zielführend ist diese Haltung nicht und hilft niemandem. Vielmehr liegt es nun erneut an uns, eine klare Konsequenz aus dieser Entwicklung zu fordern, und die kann nur wieder lauten: Ja zum Ausstieg!

Die Medien sprechen im großen und ganzen immer nur von den 1,1 Mrd. Euro an Mehrkosten, die die Bahn selbst übernehmen würde. Die weitere Milliarde der Kosten, die bisher nicht finanziert ist, wird schnell unter den Tisch fallen gelassen. Das Angebot der Bahn sei generös, schmiedelt es bereits, und die Landes-SPD würde sich deswegen auch an Mehrkosten beteiligen. Dabei ist das Angebot der Übernahme von 1,1 Mrd. Mehrkosten alles andere als generös. Es ist schlicht betriebswirtschaftlich durchkalkuliert und lohnt sich für die Bahn! Einen anderen Grund für die Übernahme kann es nicht geben.

Das Ziel der Bahn ist und kann nur sein, S21 an den Punkt zu bringen, an dem sich ein Ausstieg tatsächlich nicht mehr lohnt. Dafür tut sie alles, denn danach kann es ihr egal sein. Die Bahn verdient an Stuttgart21 prächtig – und solange das so ist, wird sie nicht von diesem Projekt abrücken. Da Bund und Land bei der tatsächlichen Finanzierung vergleichsweise gut wegkommen, haben auch sie keinen Druck, das Projekt zu beenden. Der wahre Zahler, die Stadt Stuttgart, befindet sich gerade in einer Zeit des Übergangs, der alte OB ist noch im Amt, der neue wartet auf seine Einführung. Eine Reaktion der Stadt zu den neuen Entwicklungen steht dementsprechend aus. Auch hier ein von der Bahn sehr clever gewählter Zeitpunkt, die Mehrkosten publik zu machen.

Neben dem wirtschaftlichen Interesse käme ein Ausstieg für die Bahn auch aus Imagegründen nicht in Frage. Wenn dem so wäre, würde das Image der Bahn teuer erkauft auf Kosten der Stadt Stuttgart und ihrer Bürger. Sollte man sich nicht vielmehr fragen, ob das Image der Bahn nicht sowieso bereits Schaden genug genommen hat und ein Ausstieg nicht sogar die imageförderlichere Variante wäre? Um die Projektpartner von einem Ausstieg abzuhalten, behauptet die Bahn, der Ausstieg aus Stuttgart21 koste 2 Mrd. Euro. Warum in aller Welt sollte ausgerechnet diese Grobkalkulation der Bahn nun stimmen? Natürlich wird die Bahn die Ausstiegskosten schönrechnen, also wesentlich höher ansetzen, als sie tatsächlich sind.

Sowohl „Tante Gisela“, die Staatsrätin Erler, als auch der Ministerpräsident geben zu, dass die Prophezeiungen der Projektgegner bezüglich der Kostenentwicklung korrekt gewesen seien. Weil wir Projektgegner aber schon immer von wesentlich höheren Kosten ausgegangen seien, wusste ja jeder, dass es zu diesen Kostensteigerungen kommen könne. So werden von beiden die Aussagen der Projektgegner explizit zu einer Prämisse der Volksabstimmung erhoben. Und weil dennoch die Mehrheit gegen ein Ausstiegsgesetz gestimmt habe, müssten sie sich weiter an die Volksabstimmung halten.

Es ist davon auszugehen, dass die Gegner nicht nur in der Kostenfrage, sondern auch in der Frage der Leistungsfähigkeit Recht behalten werden. Denn warum sollte die Bahn in dieser Frage sich anders verhalten als in der Kostenfrage? Spätestens mit der Einweihung des neuen Bahnhofs wird man feststellen, dass der Bahnhof doch nur 32 Züge abfertigen kann. So wird sich spätestens dann herausstellen, dass nicht der alte Kopfbahnhof Stuttgart abhängt, sondern ganz im Gegenteil der neue Bahnhof dazu führen wird, dass Fernzüge zwischen Ruhrgebiet und München eher über Würzburg fahren als über Stuttgart, weil es hier schlicht die Kapazitäten nicht geben wird. Schuldige wird es bis dahin keine mehr geben – den Schaden hat wiederum die Stadt Stuttgart.

Das Fatale an der Sache ist: jeder ahnt bzw. weiß, dass es so kommen wird, aber keiner der heute Verantwortlichen wird tätig und haut mit der Faust auf den Tisch und verlangt einen Ausstieg. Dabei kann man es ruhig darauf ankommen lassen – denn es wird sich herausstellen, dass auch hier die Gegner mit 400 Mio. Euro wieder richtiger gerechnet haben werden als die Bahn selbst.

Deshalb: Ja zum Ausstieg! Es ist allerhöchste Eisenbahn!

Oben bleiben!

Dieser Beitrag wurde unter Stuttgart21 abgelegt und mit , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

11 Antworten zu Es ist allerhöchste Eisenbahn

  1. joe schreibt:

    Demos 2013 sofort wieder direkt am HBF – die jaemmerlichen Absprachen zwischen Gruenen, Stadt und Polizei sofort stoppen. Der Schmusekurs muss aufhoeren – natuerlich alles im Rahmen der bestehenden Ordnung. Man kann auch legal unbequem sein.

  2. Hans Hagen schreibt:

    Völlig richtig ist, dass niemand an einem Ausstieg interessiert ist, als ein paar Protestler, welche allerdings nichts zu melden haben.
    Völlig richtig ist auch, dass eine Weiterbau für die Bahn auch bei den benannten Mehrkosten wirtschaftlicher ist, als ein Ausstieg.

    Allein die Rückabwicklung des Grundstücksverkaufes würde die Bahn ja mindestens 800 Mio. € kosten, die Bahnsteighalle müsste in irgendeiner Weise erneuert werden und die Auftragnehmer würden erhebliche Entschädigungen beanspruchen können.

    Hinzu kommen die bereits angefallenen Planungskosten usw. und weitere Rückforderungen der Projektpartner, welche ggf. aus rechtlichen Gründen gar nicht verzichten können.

    Anschließend wäre man wieder bei null und müsste den Bahnknoten immer noch sanieren und modernisieren und also nochmals planen.

    Da diese Kosten niemand übernehmen will, ist der Drops schon gelutscht.

    Da ist auch die theoretische Diskussion überflüssig, ob die Kosten der Rückabwicklung des Grundstückskaufes Kosten des Rücktritts sind, oder nicht, zahlen müsste die Bahn den Betrag lt. Vertrag jedenfalls.
    Kuhn wird da wohl kaum verzichten wollen oder überhaupt können.

    Ebenfalls müßig ist die Diskussion, dass die Bahn in den letzten Jahren ggf. nur die nötigsten Instandhaltungen am Sackbahnhof vornahm.

    Die 2 Mrd. sind also ohne weiteres nachvollziehbar, die 400 Mio bereits auf den ersten Blick schöngerechnet.
    Diesen Betrag haben die K 21-er ja schon für ein neues Dach der Bahnsteighalle eingeplant.

    Da die Ausstiegskosten sofort fällig wären, die Mehrkosten jedoch, wenn überhaupt, über die nächsten 10 Jahre verteilt oder erst zum Ende der Bauzeit hin, kann man mit diesen natürlich auch betriebswirtschaftlich viel besser umgehen.

    Zu diesem Zeitpunkt wird es auch eine neue Landesregierung geben, welche keinesfalls mehr grün-rot sein muss und keinen MP mehr, welcher sich derart windet und sich scheut, die Wahrheit auszusprechen.
    Dann kann also auch damit gerechnet werden, dass bei dieser neuen Regierung mehr Vernunft und Pragmatismus vorherrscht und diese die Sprechklausel so wertet, wie diese bei Vertragsabschluss gemeint war und nicht, wie es sich der MP nun wünscht.

    Würde man die Vertragsschließenden durch ein Gericht als Zeugen befragen, was mit dieser Klausel gewollt war, würde Oettinger z.B. schon einräumen müssen, dass er S 21 unbedingt wollte und es klar war, dass in diesem Fall die Projektpartner nochmals in die Taschen greifen wollten und nicht, wie Kretschmann es sich wünscht, Beamtenmikado gespielt werden sollte.

    • zwuckelmann schreibt:

      Der Ausstieg ist eine rein politische Frage, keine Frage der Kosten. Die Kostensteigerung können aber zu einem politischen Schwenk führen. Gelutscht ist der Drop noch lange nicht, auch wenn Sie das gerne hätten 😉

      • Hans Hagen schreibt:

        Es gibt keine politische Kraft, welche überhaupt an einen Ausstieg denkt, noch gäbe es hierfür eine juristische Möglichkeit.

        Wer sollte denn politisch wo hin schwenken?

        Die Grünen der Landesregierung sind gar nicht in der Lage und erst recht nicht gewillt, hier zu agieren, zu schwenken oder deshalb gar in die Opposition zurückzukehren.

        Deshalb wird der MP den VE auch weiterhin wie eine Monstranz vor sich her tragen bzw. hinter dem Kostendeckel abducken, aber wohl kaum eine Ausstiegsdiskussion beginnen.

        Der Gestattungsvertrag für den Rosensteinpark wird in den nächsten Tagen unterschrieben werden, die Tage werden wieder länger, die Erde dreht sich weiter und die Protestler werden weiter ihre Gebetsmühlen drehen – und wenn sie nicht gestorben sind, protestieren sie auch noch 2014.

    • zwuckelmann schreibt:

      Außerdem kann es nicht sein, dass ein Politiker einen Vertrag unterschreibt, bei dem Kosten keinerlei Rolle spielt. Derartige Verträge können m.E. nicht rechtskräftig sein. Der MP oder der OB sollten es einfach mal darauf ankommen lassen. Was sich die Vertragsunterzeichner damals gedacht haben, dürfte da ziemlich egal sein.

      • Hans Hagen schreibt:

        Es hat doch auch niemand einen Vertrag unterschrieben, bei welchem die Kosten keine Rolle spielen würden, wenngleich dies schon möglich wäre und auch ein solcher Vertrag wirksam wäre.

        Worauf sollten MP oder OB es denn genau ankommen lassen?

        Allein maßgeblich ist der erklärte Wille der Vertragspartner BEI Vertragsabschluss und nicht Wünsche, welche im Nachhinein dort hineininterpretiert werden.

        Machen Sie sich doch einfach mal mit etwas rechtlichem Grundwissen vertraut.

        Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften (wie es der MP und der VM versuchen bzw. praktizieren).

        Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Verkehrssitte ist dabei die im Verkehr der beteiligten Kreise tatsächlich herrschende Übung, die eine gewisse Festigkeit erlangt haben muss, wobei nicht erforderlich ist, dass sie den am Vertrag beteiligten Parteien bekannt ist oder von diesen als verbindlich angesehen wird.

        Bei der Auslegung von Verträgen geht der übereinstimmende Wille der Parteien dem Wortlaut des Vertrages und jeder anderweitigen Interpretation vor und setzt sich auch gegenüber einem völlig eindeutigen Vertragswortlaut durch.

        Bei der Auslegung bereits bestehender Verträge erweist sich insoweit die Erforschung des Wortsinns als hilfreich, eine abschließende Erkenntnis vermag sie aber nicht zu vermitteln.

        Problematisch wäre es, wenn der wahre Wille einer Erklärung nicht ermittelt werden könnte. Dann muss nach einem vernünftigen Inhalt gesucht werden und zwar einem solchen, von dem man annehmen darf, dass die Parteien ihn so gewollt hätten.
        Hierbei können als Hilfen der Wortlaut, der Sprachgebrauch, eine Widerspruchsfreiheit, etwaige Begleitumstände oder eine Vorgeschichte, der Zweck der Erklärung oder die allgemeine Verkehrssitte herangezogen werden.

        Dies ist vorliegend aber gar nicht erforderlich, da man die Vertragsschließenden hierzu ja befragen kann.

        Wollte man nur ergebnislos palavern (wie die Grünen dies gern tun) müsste man sich hierzu nicht extra vertraglich verpflichten und hätte eine solche Regelung also gar nicht in den Vertrag aufnehmen müssen.

      • zwuckelmann schreibt:

        Mensch, Hans, ich wär echt gern so klug wie Sie! Sie wissen wirklich bei allem und jedem Thema alles besser!

  3. Hans Hagen schreibt:

    zwuckelmann: wenn sie hier nur dummes Zeug schreiben und sich nicht informieren, können Sie natürlich auch nicht klüger werden.

    Dafür reicht es nicht, sich von Sittler vereidigen zu lassen

    die vorgegebenen Parolen nachzubeten und die Augen vor der Realität zu verschließen.

    • Hans Hagen schreibt:

      P.S.
      Fällt Ihnen hier etwas auf?

    • zwuckelmann schreibt:

      Lieber Hans, ich darf in meinem Blog so viel dummes Zeug schreiben, wie ich will. Sie müssen es ja nicht lesen. Dass es durchaus auch Situationen bei unseren zahlreichen Veranstaltungen gab, die nicht ideal waren, würde jeder zugeben. Es kann nicht immer nur höchste Qualität geben bei derart vielen Veranstaltungen.
      Ihr Vergleich der zwei Filme geht in die Hose wie jeder derartige Vergleich und wirft nur ein dumpfes Licht auf Sie und Ihren Charakter.
      Wenn Sie jemanden belehren wollen, sollten Sie sich ein anderes Forum suchen.

  4. Hans Hagen schreibt:

    Sie dürfen selbstverständlich so viel dummes Zeug schreiben, wie Sie wollen.

    Allerdings äußerten Sie ja aber den Wunsch: „ich wär echt gern so klug wie Sie“ – da wollte ich Ihnen eben nur ein paar Tipps geben.

Kommentare sind geschlossen.