5.9.2012 Über den Kandidatencheck im DGB-Haus #obs12 #sob12 #stuttgart #rockenbauch

Gestern Abend veranstaltete der DGB einen Kandidatencheck mit den wichtigsten OB-Kandidaten. Der Saal war wieder einmal überfüllt und nicht jede Besucherin und nicht jeder Besucher erhielt einen Sitzplatz.

In drei Themenblöcken wurden den Kandidaten Wilhelm, Turner, Kuhn, Rockenbauch, Loewe und Hermann Fragen von jeweiligen Spezialisten gestellt, die sie kurz und knapp beantworten sollten. Die Themenblöcke waren:

  • Soziale Gerechtigkeit – soziale Teilhabe
  • Zukunft der Lern- und Gedenkstätte Hotel Silber
  • Internationales und interkulturelles Stuttgart

Leider haben es die Veranstalter versäumt, das Fragenprogramm so kurz und knapp zu halten, damit am Ende die Bürger noch Fragen stellen konnten. Eine solche Fragerunde war zwar eingeplant, sie wurde aber, als die drei Blöcke um 21:45 Uhr beendet waren, unter großem, berechtigtem Protest der Zuschauer abgesagt. Leider hat man nicht einmal zwei oder drei Fragen zugelassen, um wenigstens ein paar Stimmen aus dem Publikum zu hören.

Sebastian Turner sah wie immer ziemlich gelangweilt aus. Offensichtlich wurde, dass er sich in vielen wichtigen Details nicht auskannte, Dinge vorschlug, die bereits verwirklicht wurden, und Ideen und Vorstellungen der anderen Kandidaten aufgriff und diese als eigene Idee verkaufen wollte. Auch legte er sich bei ganz vielen Ja/Nein-Fragen nicht fest und wand sich um eine klare Antwort. Erschreckend und für mich absolut disqualifizierend waren seine Äußerungen zum interkulturellen Leben in Stuttgart. Muslimische Jugendliche seien eines der drängendsten Probleme in Stuttgart und weitere derartige, an Ausländerfeindlichkeit grenzende Äußerungen versuchte er mit „ja, es tut mir ja leid, aber so sieht nun mal die Realität in Stuttgart aus“ zu rechtfertigen. Er lebt offenbar in einer eigenen Welt, die meines Erachtens mit der Realität nicht allzuviel zu tun hat. Wenn Turner von seinen zahllosen Gesprächen mit Bürgern und von seinen Erfahrungen mit dem einfachen Mann spricht, frage ich mich immer, wen er da wohl meint und an wen er geraten sein muss, dass da so eigenartige, verschwurbelte Dinge herauskommen.

Bettina Wilhelm und Fritz Kuhn waren in dieser Vorstellung typische Vertreter von Parteien – selbst wenn Wilhelm eigentlich parteilos ist. Sie wollen viel, reden Parteiendeutsch und „werben“ bzw. „wärrrrben“ für Dinge, wogegen ein Großteil der Stuttgarter seid unserer unsäglichen Verkehrsministerin ziemlich allergisch reagieren. Ein weiteres Zeichen, wie weit weg beide Kandidaten von der Stuttgarter Realität sind. Beide finde ich noch immer blass und mittelmäßig, sie bleiben in ihren Statements im Allgemeinen und Ungefähren, versuchen natürlich mit den Aspekten, die sie inzwischen über Stuttgart gelernt haben, zu punkten, man merkt aber, dass das angelesenes bzw. antrainiertes Wissen ist, was die Kandidaten insgesamt nicht authentisch macht, sondern sie als typische Politiker wirken lässt (was sie ja auch sind!)

Harald Hermann von den Piraten beantwortete meines Erachtens die meisten Fragen sehr ungenau bis gar nicht und oft verstand ich auch gar nicht, auf was er hinaus wollte und was nun seine eigene Meinung und seine Ansätze als potenzieller OB waren.

Jens Loewe machte eine außerordentlich gute Figur. Er machte auf viele kritische Punkte aufmerksam, verband Gedanken und wies auf Zusammenhänge hin, die wichtig sind und unbedingt näher erläutert gehören. Auch scheute er sich nicht, den Rahmen von kommunalpolitischen Themen auf bundespolitische und sogar auf globale Entwicklungen auszudehnen und brachte damit die etablierten Parteien durchaus in Erklärungsnot. Leider reagierte auch der Moderator auf wichtige, von ihm angesprochene Aspekte nicht, so dass diese unbeantwortet blieben. Loewe provozierte und polarisierte und erhielt für seine außerordentlich kritischen Positionen sehr viel Beifall. Für mich ist Loewe wichtiger Bestandteil der OB-Wahl, denn er stellt die richtigen Fragen und sieht die richtigen Zusammenhänge. Allerdings ist er für mich fast schon zu klug und zu intellektuell (ist das möglich??), um praktische Kommunalpolitik als OB zu gestalten. Ich wünsche mir aber, dass sich Loewe weiterhin in Stuttgart engagiert und sichtbar bleibt – und noch bei vielen Veranstaltungen die Kandidaten der etablierten Parteien noch ein wenig mehr in Bedrängnis bringt.

Hannes Rockenbauch konnte wieder mit seinem sehr detaillierten Wissen über die kommunalpolitische Situation in Stuttgart punkten. Er antwortete meines Erachtens am präzisesten und verständlichsten auf die Fragen und war sehr oft Stichwortgeber für die anderen Kandidaten. Auch er scheute sich nicht davor zurück, die Wortbeiträge der anderen Kandidaten kritisch zu kommentieren oder aber auch mit den anderen Kandidaten zu diskutieren. Gerade beim Hotel Silber konnte er sehr glaubwürdig die anderen Kandidaten (vor allem die der etablierten Parteien) bloßstellen, da er das Tauziehen und die Abstimmungen über das Hotel Silber im Gemeinderat selbst erlebt hat. SPD, CDU und FDP haben den Erhalt des Hotel Silber torpediert und blockiert, schmücken sich aber nun großspurig mit den Lorbeeren und mit wohlklingenden Ideen – wobei ich auch hier die Idee eines Hauses für Menschenrechte, wie es von Rockenbauch vorgeschlagen wird, am besten finde.

Hannes kannes!

Oben bleiben!

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