Gerade schwirrt wieder über den Äther, dass eine neue Umfrage ergeben hätte, dass die Mehrheit für S21 sei. Selbst in Stuttgart sei die Mehrheit für die Tieferlegung des Bahnhofs. Abgesehen davon, dass es (wie bereits an anderer Stelle ausführlich beschrieben) immer darauf ankommt, wie befragt wird, bin ich mir sicher, dass diese Werte vor allem dadurch zustande kommen, dass viele Menschen in Baden-Württemberg einfach Stuttgart21 nicht mehr hören können und genervt sind … und deshalb quasi klein beigeben. Diese Werte stellen meiner Ansicht nach keine Überzeugungen dar, sondern speisen sich schlicht aus Resignation! Im Übrigen sind laut Umfrage noch immer 35% der Baden-Württembergischen Bevölkerung dagegen – das ist eine Menge, die man doch bitte zur Kenntnis nehmen muss!!!
In gleicher Manier kann man in fast allen Zeitungen, die sich des Themas S21 annehmen, immer wieder lesen, dass der Widerstand gegen S21 doch bereits erfolgreich gewesen sei, weil kein Großprojekt mehr in der Art durchgeboxt werden könne. Das ist schön – hilft uns in Stuttgart aber natürlich keinen Meter! Ich lebe hier am Schlossgarten und fahre täglich mit der Bahn – was bringt es mir, dass irgendwo in Deutschland Bürger bei der Planung und Gestaltung von Großprojekten tatsächlich einbezogen werden, während ich mit 10 Jahren Großbaustelle, einem zerstörten Naherholungsgebiet und einem Stressbahnhof im Tunnel werde leben müssen?? Ganz zu schweigen von den zahlreichen Risiken, die erwiesenermaßen beim Bau (Grund- und Mineralwasser) und dann sogar auch beim Betrieb des Tunnelbahnhofs (Barrierefreiheit, Fluchtwege, etc.) bestehen.
Und selbst eine pseudo-demokratische Legitimierung im Nachhinein durch einen landesweiten Volksentscheid macht das Demokratiedefizit und die auf Lügen gebauten Verträge nicht besser, denn warum sollten Bürger aus Aalen, Eberbach oder Freiburg darüber abstimmen sollen, wollen und dürfen, was hier in Stuttgart vor meiner Haustür gebaut wird?? Stuttgart 21 betrifft in erster Linie die Bürger der Stadt Stuttgart! Diese müssen als erstes entscheiden dürfen, ob sie den Tunnelbahnhof wollen oder nicht. Dass dies der sogenannte Oberbürgermeister Schuster bewusst verhindert hat, ist ein Drama! Dafür gehörte er eigentlich seines Amtes enthoben.
Wie also wird es weitergehen hier im Kessel? Die Bahn hat angekündigt, dass ab Montag massiv weiter gebaut wird, die Polizei hat angekündigt, Pfefferspray und Schlagstöcke einzusetzen und hat sich in der Baustelle zum Grundwassermanagement häuslich eingerichtet. Genauso sind auch bereits Sanitäter vor Ort. Was wird hier also passieren? Auf was müssen wir uns einstellen? Ja, ich habe kein gutes Gefühl bei dem, was kommen wird! Ich will mich von den Vorbereitungen und Warnungen der Polizei nicht einschüchtern lassen, ich will mich davon schon recht nicht provozieren lassen! Gleichzeitig will ich aber auch nicht, dass weiterhin Fakten geschaffen werden! Ich werde mich also wieder setzen! Viele werden sich wieder setzen! Und wir werden friedlich bleiben, denn unser kreativer, friedlicher Protest ist unsere einzige überzeugende Stärke!
Ich bin fest davon überzeugt, dass unser Protest erfolgreich sein kann, wenn wir nur friedlich und unbeugsam durchhalten und die Regierung in Berlin endlich einsieht, dass das Projekt zwar machbar, aber nicht durchsetzbar ist. Das ist in meinen Augen der einzige realistische Weg, weshalb ich einmal mehr gestern an alle Bundestagsabgeordnete einen Brief geschrieben habe:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrte Volksvertreter im Deutschen Bundestag,
OBEN BLEIBEN!
OBEN BLEIBEN!
OBEN BLEIBEN!
Update 8.8.2011: wie jeden Morgen demonstrierten 50 Anhänger eines vernünftigen Bahnverkehrs die Einfahrt am GWM. Alle sind der Aufforderung der Polizei gefolgt und haben den Weg freigegeben, denn wir brauchen unsere Kräfte wahrscheinlich noch später. Gegen 7 Uhr fuhren die Fahrzeuge der Firma Hölscher & Co. ins GWM – keine Platzverweise, keine Personalienfeststellung.
Was ist denn das für eine Argumentation? Warum sollte auch nur ein Fünkchen Hoffnung bestehen, dass eine erneute Abstimmung HEUTE anders ausgehen würde als 2009 oder früher?ALLEN Parlaments- und Regierungsmitgliedern sind die heutigen, höheren Zahlen zu Stuttgart 21 bekannt.Aus KEINER der damaligen Pro-S21-Fraktionen CDU, FDP und SPD gibt es hörbare Stimmen, die darauf schließen lassen, dass sich irgendwo eine Mehrheitsmeinung geändert haben könnte. ALLE Fraktionsvorsitzenden der Pro-S21-Parteien in ALLEN Parlamenten stehen nach vor voll zu Stuttgart-21.Es ist vollkommen klar und unzweifelhaft, dass bei einer erneuten, freien Abstimmung zu Stuttgart-21 ALLE Parlamente (Stadt, Region, Land und Bund) ERNEUT Pro-S21 abstimmen würden.- Ich verstehe einfach nicht, warum die S-21-Gegner nicht akzeptieren können, dass sie IMMER die parlamentarische Minderheit in ALLEN Parlamenten waren und sind ! Das ist völlig eindeutig. -> Ernsthaft Antwort würde mich sogar sehr interessieren.
DIe Flexibilität Ihrer Argumentationen ist echt unterhaltsam. Der Volksentscheid ist, wenn es für S21 ausgeht, nur Pseudo-Demokratisch, soso.“friedlicher Protest ist unsere einzige überzeugende Stärke!“ – verstehe, argumentativ ist keine Stärke mehr übrig, da bleibt nur der „friedliche“ Protest.
@Kommentator: ich glaube, dass es doch einen Unterschied im parlamentarischen Abstimmungsverhalten macht, ob wir hier von 4,5 Milliarden oder von 8 Milliarden reden. Nicht jeder denkt so unreflektiert wie Peter Hauk, dem es egal ist, ob 4,5, 10 oder 16 Milliarden Euro an Steuergeldern im Stuttgarter Untergrund verbuddelt werden.
@Weiterbauen: Wenn unsere Argumente nicht gehört werden, bleibt nur friedlicher Protest! Gute Argumente haben wir im Überfluss!
„8 Mrd. statt 4,5 Mrd.“ – richtig, wenn dem wirklich so wäre, müsste eine neue Abstimmung stattfinden, und dann sind die alten Mehrheiten nicht automatisch sicher.ABER – Das Problem dabei: 8 Mrd. sind Stand heute objektiv betrachtet nur eine reine Worst-Case-Befürchtung der S21-Gegner. Selbst kritische Betrachtungen wie der Bundesrechnungshof kamen „nur“ auf 5,3 Mrd – und diese 800 Mio. mehr machen im Vergleich zu 4,5 Mrd „den Kohl nicht fett“.Es bräuchte also harte Fakten zu Kostensteigerungen – keine Befürchtungen. Diese harten Fakten wird es aber so schnell nicht geben: Solange noch nicht wirklich groß losgebaut worden ist, sind alle Kostenangaben nur Schätzungen und Projektmanagementberechungen. Die Deutsche Bahn hat mit Sicherheit ihre Leute so im Griff, dass sie die Kostenschätzungen im grünen Bereich lässt.Die ersten Vergaben (Fildertunnel und Ober/Untertürkheimer Tunnel) lagen ja voll im Plan, da ist schon mal nichts passiert, und die älteren Zeitungsberichte zu den Ausschreibungen nennen für die Tiefbahnhof selber Angebote in Höhe von 600 Mio. Euro. – auch das klingt nicht nach massiver Kostensteigerung.Man kann also feststellen: Weder die offiziellen Projektplanungen noch die real erfolgten oder anstehenden Vergaben werden deutliche Kostensteigerungen aufzeigen – und NUR auf Basis solcher Zahlen können und werden Parlamente abstimmen.Daraus folgt also eindeutig, dass eine erneute Abstimmung in KEINEM Parlament einen Änderung der Pro-S21 erwarten lässt.Es bleibt dabei – ich verstehe den Sinn des Briefes an die Abgeordneten und die Hoffnung auf eine Neu-Abstimmung nicht.