14.7.2011 #s21 Frühstücksblockade: mal wieder reine Willkür der Einsatzleitung

Heute früh gegen 6:15 kamen die ersten Bauarbeiter und mussten wieder warten, weil ca. 20 standhafte Beschützer des Stuttgarter Grund- und Mineralwassers erneut vor der Einfahrt standen und demonstrierten. Gegen 6:30 kam der Kamerawagen der Polizei und baute seinen Laufstall auf dem Dach auf, filmte aber noch nicht. Nach und nach kamen dann weitere Polizeibusse, schließlich um 6:45 auch die Einsatzleitung – diesmal jemand neues, ein zweisterniger Goldpolizist mit Adlatus aus der Ostendstraße. Diese hatten aber zuerst noch mit einem Dixiklo-Lieferanten zu kämpfen, der für die morgige Versammlung am GWM ein Dixiklo anlieferte und neben die GWM-Einfahrt stellte. Der Einsatzleiter wollte die Papiere sehen und checkte alles ganz genau – nicht, dass unerlaubterweise so eine Toilette einfach so am GWM steht! Nunja, es gibt ja auch nichts wichtigeres!

Der Adlatus kam schließlich zu einer Gruppe von Demonstranten und forderte diese auf, den Platz zu räumen und drohte einen Platzverweis an. Als niemand seiner Aufforderung nachkam, wurde der Bus der Einsatzleitung neben die blockierten Fahrzeuge gefahren, der Adlatus stieg aus und las sein Sprüchlein in ein sehr leises Megaphon und fuhr daraufhin wieder vor die Expressgüterhalle. Wenn mich nicht alles täuscht, war das der Standardspruch mit der Aufforderung, dass man die Einfahrt frei machen solle, damit die Baufahrzeuge weiterfahren können, und wenn man dieser Aufforderung nicht nachkäme, dass man kostenpflichtig abgeschleppt würde etc. pp.

Dann kamen Bereitschaftspolizisten aus Lahr anmarschiert, bis auf eine Handvoll Demonstranten gingen alle beiseite. Die Polizei zog einen Kreis um die Blockierer, aber auch um die Fussgängerinsel und den Fußweg neben der Einfahrt. So stand auch ich mit einigen anderen im „Kessel“, dachte aber nicht, dass da was passierte, weil ich der Aufforderung der Polizei, beiseite zu gehen, ja nachgekommen war. Dann kam noch mehr Bereitschaftspolizei und fing an, die Fussgängerinsel zu räumen. (???) Warum in aller Welt die Fussgängerinsel überhaupt und dann auch noch als erstes geräumt werden musste, erschließt sich wohl keinem Menschen, der einigermaßen klar bei Verstand ist. Als sich einige Demonstranten, die sich auf der Insel befanden, weigerten, mit der Polizei mitzugehen, wurden sie ziemlich barsch angefasst, gezogen und gezerrt und schließlich mit mehreren Mann weggetragen. Der Ruf nach der Einsatzleitung verhallte leider ungehört. So wurden zwei Demonstranten unsanft von der Insel weggetragen, während die Blockierer auf der Straße weiterhin saßen. Darüber hinaus war auch wieder die Einfahrt auf der anderen Seite der Fußgängerinsel komplett frei, so dass die Fahrzeuge von der Polizei auch dort hindurch hätten geleitet werden können. Offenbar war die Polizei aber nicht darauf aus, die die Einfahrt der Fahrzeuge so schnell es geht zu ermöglichen, sondern alle Demonstranten, also auch diejenigen, die der Aufforderung der Polizei Folge leisteten, zu kriminalisieren. Da es dann bei der Personalienaufnahme wie immer einen Stau gab, saß schließlich nochmals etwa 10 Minuten ein einzelner, einsamer Demonstrant auf der Straße vor den Baufahrzeugen und wartete darauf, dass die Polizei ihn mitnähme. Schließlich wurde auch ich, der ich auf dem Gehweg neben der Einfahrt stand und filmte, um 7:37 Uhr aufgefordert mitzugehen. Die Personalien wurden aufgenommen, wir wurden heute gefragt, ob wir fotografiert werden dürften und bekamen einen Platzverweis – ich bis 24 Uhr, ein paar andere für 24 Stunden. Um 7:40 war die Blockade beendet und die Fahrzeuge fuhren durch die GWM-Einfahrt. Während wir noch auf die Personalienfeststellung wartetete, wurden wir vor den Demonstranten, die nicht im Kessel waren, aber auch auf die andere Straßenseite gekommen waren, durch eine Polizeikette geschützt. Vielen Dank dafür 😉

Dieser Vorgang, dass Personen, die einer Polizeianweisung Folge leisten, dann dennoch zur Personalienfeststellung auch mit Gewalt mitgenommen werden und wegen des Verdachts der Nötigung angezeigt werden, ist einmalig, ziemlich lächerlich und entbehrt meiner Meinung nach jeglicher rechtlichen Grundlage. Woran soll man sich halten, wenn selbst das Wort der Polizei nichts mehr gilt und reine Willkür herrscht? Ich wurde aufgefordert, zur Seite zu gehen, bin auf die Seite gegangen und werde nun angezeigt – nicht, dass ich die Anzeige besonders schlimm fände, es geht hier aber um Fairness, um Rechtsstaatlichkeit und ums Prinzip. Einige erhielten wohl ganz zu Anfang von umstehenden Polizisten den Tipp, den Kessel zu verlassen und konnten das wohl auch tun. Mir hat das niemand gesagt, ich stand auf dem Gehweg und filmte. Auf jeden Fall werden wir uns bei der Einsatzleitung beschweren und uns weitere rechtliche Schritte vorbehalten.

WICHTIG: Da die Demonstration vor dem GWM morgen früh angemeldet ist, dürfen auch Personen, die einen Platzverweis erhalten haben, dorthin kommen, denn für angemeldete Versammlungen ist der Platzverweis nicht gültig.

Oben bleiben!

http://static.bambuser.com/r/player.swf?username=Zwuckelmann

 

Dieser Beitrag wurde unter Unkategorisiert abgelegt und mit , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

4 Antworten zu 14.7.2011 #s21 Frühstücksblockade: mal wieder reine Willkür der Einsatzleitung

  1. LoB schreibt:

    Hi Danke wieder einmal für diesen Bericht! Du sicherst diese BErichte hoffentlich noch offline? Das sind Gedächtnisprotokolle wie man (Anwälte später) sie sich wünscht! Eine Anmerkung – du schreibst „Dieser Vorgang, dass Personen, die einer Polizeianweisung Folge leisten, dann dennoch zur Personalienfeststellung auch mit Gewalt mitgenommen werden und wegen des Verdachts der Nötigung angezeigt werden, ist einmalig, ziemlich lächerlich und entbehrt meiner Meinung nach jeglicher rechtlichen Grundlage. “ Das stimmt nicht – Einmalig ist es nicht! Am ehemaligen Nordflügel wurde dies auch schon gemacht und soweit ich weiß wurden da auch Anzeigen von unbeteiligten Passanten gemacht (weiß nicht ob es zu Verhandlungen kam) Und auch am GWM gab es das schon – ich selbst wurde auch schon eingekesselt und die Personalien wurden aufgenommen – genau an der Stelle wo es dir nun passiert ist. GrußLoB

  2. Zwuckelmann schreibt:

    @LoB: Du hast Recht, einmalig war die Aktion nicht, eingekesselt worden sind wir schon häufiger und auch als „Unbeteiligte“ erhielten wir Anzeigen. Das ist allerdings noch unter der tiefschwarzen Regierung passiert. Auch kann man ja schon von „Gewohnheitsrecht“ oder Routine sprechen, die sich im Verhalten zwischen Polizei und Blockierern seit vielen Wochen und Monaten eingestellt hat. Jeder weiß eigentlich, wie diese Situationen schnell und unkompliziert zu lösen sind und wie man dazu miteinander umgehen muss. Diese Routine wurde heute vollkommen unvorhergesehen verlassen – und das mit einer Härte, die ich zur heutigen Zeit schon erstaunlich finde und nicht erwartet hätte.

  3. pseudoruprecht schreibt:

    „…wenn selbst das Wort der Polizei nichts mehr gilt und reine Willkür herrscht?“Das nennt man glaube ich Ironie.

  4. Zwuckelmann schreibt:

    @pseudoruprecht: Nein, das ist keine Ironie! Selbstverständlich leisten wir den Aufforderungen der Polizei Folge – oder aber tragen ganz bewusst und absichtlich die Folgen, wenn wir der Aufforderung nicht nachkommen! Was aber einfach nicht geht, ist eine Aktion wie gestern. Und sie wären wahrscheinlich erstaunt, wie routiniert, professionell und problemlos die meisten Blockaden von beiden Seiten aus aufgelöst werden.

Kommentare sind geschlossen.