6.7.2011 #s21 Über den unterschiedlichen Umgang mit „Lügen“

Vor nicht einmal zwei Wochen brach über Winfried Hermann eine mediale Welle der Empörung herein. Er hätte wissentlich die Unwahrheit gesagt, gelogen und verheimlicht. Er wurde von den Medien und von der Opposition in die Ecke gedrängt, dass einem bange werden konnte. Erst wenige Wochen im Amt war dieses Schauspiel ein Paradebeispiel für die Funktionstüchtigkeit der Bahn-PR-Maschinerie und der Funktionsuntüchtigkeit der Ministeriumskommunikation einer neu gewählten Regierung. Hermann hat schließlich zugegeben, sich unklar ausgedrückt zu haben – und ich nehme ihm das ab. Er hat nicht klug agiert und hätte bestimmt an der einen oder anderen Stelle besser den Mund gehalten, aber dass ihm nicht sämtliche, also ALLE Unterlagen für den Stresstest vorlagen, wird niemand bestreiten, der die Bahn und ihre Geheimniskrämerei kennt. Weder die Öffentlichkeit noch Regierungen oder Geschäftspartnern werden von ihr umfassend und transparent informiert. Umso erschreckender war es, wie eine tagelange überregionale Hetzjagd auf Hermann stattfand, die sogar vor dem Bundestag nicht Halt machte.

Erst vor wenigen Tagen kam erneut ans Licht, dass die Bahn bei Stuttgart 21 über viele Jahre mit sehr unterschiedlichen Kosten rechnete und die kommunizierten Kosten immer nur auf dem Bestfall basierten – man könnte auch sagen: die Bahn hat die Kosten systematisch schöngerechnet. Gestern kam nun (erneut) ans Tageslicht, dass die Bahn auch bei der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm mit frisierten Zahlen agierte. Ganz offensichtlich wurde der Bundestag von der Bahn und mit Wissen der alten Landesregierung belogen, damit die NBS in den Bundesverkehrswegeplan aufgenommen wurde. Natürlich steht entsprechendes heute in der Zeitung – in den SWR-Radionachrichten war heute davon aber schon nichts mehr zu hören. Wie kann es sein, dass ein neuer Minister, der sich in einer nun wirklich nicht entscheidungsrelevanten Sache unklar und ungeschickt ausgedrückt hat und der Lügen bezichtigt wird, tagelang mediale und oppositionelle Prügel einstecken muss, während über das bewiesene Belügen des Bundestags durch die Bahn zwar berichtet, aber offenbar schnell wieder zur Tagesordnung zurückgegangen wird? Der Bundestag hat auf Basis der Lügen der Bahn ein Projekt in den Verkehrswegeplan aufgenommen, das einige Milliarden Euro an Steuergeldern verschlingt. Wo bleibt hier die Empörung? Wer fordert hier Konsequenzen?

Die einzige Konsequenz, die jeder aufrechte Demokrat daraus ziehen muss, ist: das Projekt Stuttgart 21 ist NICHT demokratisch legitimiert, da der Bundestag und auch die Öffentlichkeit über die wahren Kosten bewusst belogen wurden. Die auf Lügen basierende Entscheidung des Bundestages zur Finanzierung dieses Projekts muss daher revidiert werden!

Oben bleiben!

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Eine Antwort zu 6.7.2011 #s21 Über den unterschiedlichen Umgang mit „Lügen“

  1. Weiterbauen schreibt:

    Gerade diesen Punkt sehe ich vollkommen entgegengesetzt.Die Hermann Aussage war Absicht, aus der Panik heraus, da der Streßtest wahrscheinlich positiv ausgeht.Der andere Vorwurf besteht aus ollen Kamellen von 2009. Natürlich ändern sich Kosten von 1995 auf 2009. Der Gesamtrisikorahmen ist weiterhin eingehalten.Zudem: Selbst wenn es teurer würde, ist das Geld allemal sinnvoller angelegt als bei der Abwrackprämie oder ähnlichem.

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