Gut, dass es uns gibt!

Zwei Jahre ist es nun her, dass wir bei eisiger Kälte im Schlossgarten ausharrten und uns der Staatsgewalt entgegenstellten, die das Areal für die Bahn räumen sollte. Die Bahn wollte nun endlich bauen. Nach der Räumung wurde wenig später das komplette Areal im Mittleren Schlossgarten gerodet; Bäume, die zwei Weltkriege überlebten, wurden handstreichartig gefällt. Noch heute liegen ihre Stämme, die teilweise mannshohe Durchmesser haben, achtlos am Wegesrand im Feuerbacher Wald.

Seit zwei Jahren nun laufe ich fast täglich an dem geräumten Gelände vorbei und seit fast zwei Jahren tut sich nichts. Rohre wurden seither verlegt, eine Straße angelegt, beides hätte man sicher innerhalb weniger Monate machen können. Bis heute ist nicht klar, wann hier der erste Bagger anrückt, um die Grube für den neuen Tiefbahnhof auszuheben. Es fehlen zwar noch immer wichtige Genehmigungen, so zum Beispiel für die erhöhte Grundwasserentnahmemenge und für den offenen Dükerbau. Beides ist aber bereits in anderer Form genehmigt, eben in der reduzierten Grundwasserentnahmemenge und in der bergmännischen Bauweise des Dükers. Rein theoretisch dürfte die Bahn also durchaus hier bauen. Woran nun diese Zögerlichkeit liegt, ist nicht ganz klar. Es könnte durchaus sein, dass sie mit den bereits genehmigten Plänen technisch an Grenzen stößt, die das Projekt vielleicht existenziell gefährden. So wartet man auf die fehlenden Genehmigungen, wird aber nicht müde, zu betonen, dass man andernfalls, also wenn die Genehmigungen nicht erteilt würden, eben wie geplant und genehmigt loslegen werde. Die Genehmigungen für die erhöhte Grundwassermenge, für den Dükerbau oder auch für den Brandschutz werden wahrscheinlich irgendwann irgendwie kommen, es handelt sich letztlich wohl eher um Formalitäten, selbst wenn sich die Behörden heute noch zieren. Irgendwann wird vielleicht der Punkt erreicht sein, dass die Behörden beide Augen zudrücken. An diesem Punkt sind wir aber noch lange nicht!

Und solange wir noch nicht an diesem Punkt sind, (der im Übrigen beim Berliner Flughafen und auch bei der Elbphilharmonie ins Desaster geführt haben) lohnt es sich, auf die Straße zu gehen! Denn eigentlich ist es anders herum: Weil es uns gibt, weil wir noch immer auf die Straße gehen, weil wir der Bahn auf die Finger schauen, weil wir stören, weil wir tausendfach Einwände erheben, ist dieser Punkt noch nicht erreicht. Wir sorgen dafür, dass es nicht so einfach ist, fragwürdige Pläne einfach so durchzuwinken! Nur weil es uns gibt, hat die Bahn noch keine Grube ausheben können!

Insofern haben wir keinen Grund, den Kopf in den Sand zu stecken oder Trübsal zu blasen. Gewiss, wir sind nicht mehr Zehntausende auf den Montagsdemos wie noch vor Jahren, aber das heißt nicht, dass ehemalige Gegner nun Befürworter geworden wären! Die Zeit spielt uns in die Hände. Wäre alles so einfach, wie die Bahn uns glauben machen will, hätte sie schon längst viel mehr gebaut. Es ist aber eben nicht so einfach, und darauf machen wir immer und immer wieder aufmerksam! Und das ist gut und das müssen wir auch weiterhin tun. Denn nur, wenn die Bevölkerung lethargisch und frustriert zu oder gar weg sieht, sind solche Großprojekte durchsetzbar. Solange noch immer jede Woche mehr als Tausend Bürger auf die Straße gehen und den Finger in die Wunde legen, solange wird es für die Bahn sehr schwer werden, Stuttgart 21 in gewohnter Manier und ohne Rücksicht auf Kosten und Risiken durchzuziehen.

Bei allem berechtigten Frust und bei aller tiefen Trauer gerade am heutigen Tag sollten wir mutig und zuversichtlich in die Zukunft blicken! Schaut man auf die Brache und sieht, wie wenig die Bahn in zwei Jahren fertig gebracht hat, sollte uns das Mut machen! Mut, weiter zu demonstrieren, weiter zu stören, weiter Einspruch einzulegen, weiter auf die Straße zu gehen. Wir sind noch immer viele. Und: Wir sind auf dem richtigen Weg, auch wenn es manchmal schwer fällt, den Weg zu erkennen!

Heute Abend um 18 Uhr am Planetarium haben wir keinen Grund, nur zu trauern! Wir sollten uns gegenseitig des richtigen Weges versichern, uns Mut machen und viel miteinander lachen. Es ist sogar erlaubt, sich auszumalen, wie wir den Schlossgarten, den Südflügel, den Nordflügel, das Bahnhofsdach und alles andere wieder aufbauen, wenn Stuttgart 21 erst einmal erledigt ist. Dafür brauchen wir Durchhaltewillen und viel Kraft. Aber stellt Euch vor, wie schön das alles wird! Alternativlos oder unumkehrbar ist Stuttgart 21 noch lange nicht – dafür werden wir schon sorgen!

Oben bleiben!

Dieser Beitrag wurde unter Stuttgart21 abgelegt und mit , , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

8 Antworten zu Gut, dass es uns gibt!

  1. Pingback: Stuttgart 21: Erinnerung an den 2. Jahrestag Parkräumung

  2. Interessierter schreibt:

    Wieso achten die Baumpaten, Parkschützer und Kreuzaufsteller die Bäume am Wegesrand im Feuerbacher Wald.denn nun eigentlich nicht, nachdem sie einen derartigen Terz aufführten?

    Warum finden dort keine Kundgebungen statt und warum zählten die Bäume, welche für den Straßentunnel fallen mussten, nicht?

    Wieso glauben Sie, die paar Hanseln, welche montags durch die Straßen ziehen oder ein paar tausend Standardeinsprüche würden irgendjemand interessieren?

    Von der Führungsetage der DB bekommt davon nicht einmal jemand etwas mit.

    Die Standardeinsprüche müssen einfach nur zahlenmäßig erfasst werden und dann ebenfalls mit einem Standardtext beschieden werden.
    Ob das dann für hundert oder tausend Einsprüche gilt, ist doch völlig belanglos.

    Schade ist es nur um das sinnlos beschriebene Papier.

    • zwuckelmann schreibt:

      Mensch, Sie müssen echt Zeit haben, überall ihren Senf dazu zu geben! Wenn das alles so ist, wie Sie meinen, ist’s ja kein Problem für sie. Doch warum beschäftigen Sie sich dann so intensiv mit den Gegnern?

  3. Interessierter schreibt:

    Sein Sie doch froh, dass überhaupt noch jemand von Ihnen Notiz nimmt.

    An anderer Stelle beklagen Sie sich doch bitterlich, dass sich niemand mehr für Sie interessiert.

  4. Interessierter schreibt:

    Witziger Weise beklagen sich einige „Parkschützer“ ja sogar über die aktuell stattfindenen Umsetzungen von Bäumen im Rosensteinpark und wittern darin schon wieder Hinterlist

  5. Interessierter schreibt:

    Eine Frage noch, Zwuckelmann:

    Wie steht es denn um die Unterschriftssammlungen?
    Seit Monaten wird ja nun krampfhaft versucht, 20.000 Unterschriften zusammen zu bekommen.
    Ist da denn absehbar, wann dies so weit sein wird?

    Es wird ja immer wieder behauptet, die Gegnerschaft würde permanent wachsen.

    • zwuckelmann schreibt:

      Also das habe ich jetzt echt schon lange nicht mehr gehört, dass die Gegnerschaft wachsen würde … aber vielleicht können Sie mir eine aktuelle Quelle nennen?

Kommentare sind geschlossen.